Mittwoch 7. Dez 2022  18:15

Vortrag in Präsenz und Online

München, Luisen Str. 37

Dr. Thomas Pawellek

 

Aufgrund seiner besonderen Geologie sticht der Elbingeroder Komplex sowohl auf der geologischen
Karte als auch in der Landschaft deutlich heraus. Im Gegensatz zum überwiegend aus devonischen
und unterkarbonischen Feinklastika sowie Graniten aufgebautem Harz, besteht der Elbingeroder
Komplex weitgehend aus devonischen Vulkaniten und Karbonaten. Seine Genese ist eng an die
Entstehung des Rhenoherzynischen back-arc-Beckens gekoppelt, das sich nördlich des sich nach
Norden unter Laurussia subduzierten Rheischen Ozean öffnete. Entlang der Riftachse des back-arc-
Beckens stiegen während des Eifeliums und Givetiums Manteldipire auf, die vier große
Spaltenvulkane (Königshütter Vulkan, Büchenberg Vulkan, Braunesumpf Vulkan, Neuwerker Vulkan)
bildeten.

Während ihrer Tätigkeitsphase wuchsen sie bis ins Flachwasser auf und formten
stellenweise sogar vulkanische Inseln. Förderprodukte der Vulkane sind Alkalibasalte, Basanite und
Trachyte. Durch Metasomatose mit dem Meerwasser entstanden aus den geförderten basischen
Vulkaniten Spilite. Die Vulkanite werden als Schalstein-Formation zusammengefasst und erreichen
eine Mächtigkeit von 1000 m. Der Vulkanismus im Elbingeroder Komplex endete noch im
Mitteldevon, flammt aber im Unterkarbon (Viséium) noch einmal kurzfristig auf. In der Endphase des
devonischen Vulkanismus wurden 15-20 m mächtige exhalativ-sedimentäre Roteisensteine vom
Lahn-Dill-Typ sowie sulfidische Eisenerze vom Rio Tinto-Typ gebildet. Die Eisenerze waren seit dem
12. Jhdt. Ziel eines lebhaften Bergbaus, der erst 1970 zum Erliegen kam. Noch während des
Abklingen des devonischen Vulkanismus im Givetium begannen im flachen Wasser der Vulkanbauten
erste kleinere Riffe zu wachsen. Diese frühe Phase des Riffwachstums wird als „Vorphase der
Riffbildung“ bezeichnet. Nach dem Abklingen des devonischen Vulkanismus bildete sich auf den
Vulkanbauten ein längsgestrecktes, 18 x 4,5 km großes und bis zu 600 m mächtiges Korallen-
Stromatoporen-Atoll. Charakteristisch für diese Phase sind ausgedehnte Außenriffschutt- und
Lagunenkalke. Diese Phase wird als „Atollstadium der Riffbildung“ bezeichnet. Während des
Frasniums wurde das kontinuierliche Riffwachstum durch Bewegungen des Untergrundes sowie
durch Schwankungen des eustatischen Meeresspiegels gestört und es kam zu Unterbrechungen im
Riffwachstum und zum Zurückziehen der Riffe auf weniger ausgedehnte Flächen. Diese letzte Phase
der Riffbildung kann weiter in ein „Kappen“- und ein „Demergenz-Stadium“ untergliedert werden.
Schließlich beendete das Kellwasser-Ereignis an der Frasnium/Famennium-Grenze das Riffwachstum
im Elbingeroder Komplex vollständig. Die gesamte Karbonatabfolge des Eifeliums und Frasniums
wird als „Elbingerode-Riffkalk-Formation“ zusammengefasst. Im Oberdevon sank der gesamte
Bereich des Elbingeroder Komplexes in tieferes Wasser ab und es lagerten sich im Famennium
hemipelagische Kalke auf den ertrunkenen Riffen sowie Tonschiefer und Buntschiefer in den
umgebenden Becken ab. Unterbrochen wurde die Tiefwassersedimentation im Elbingeroder
Komplexe durch eine weitere Auftauch- und Inselphase im Famennium, die bis ins Unterkarbon
reichte. Darüber folgen unterkarbonische Kiesel- und Tonschiefer. Die hemipelagischen Sedimente
des Elbingeroder Komplexes werden als „Elbingerode-Rahmen-Formation“ bezeichnet. Noch im
höheren Unterkarbon schalten sich zunehmend Turbidite (Grauwacken) und später auch große
Rutschmassen (Olisthostrome) in die Sedimentabfolge ein. Diese zunehmende Schuttsedimentation
deutet auf die im Karbon von Süden herannahende variszische Gebirgsfront hin. Noch im
Unterkarbon, mit der Kollision zwischen Laurussia und dem Amorikanischen Terrane Komplex

endete die Sedimentation im Elbingeroder Komplex weitgehend und das Gebiet erfuhr zusammen
mit dem gesamten Rhenoherzynikum einen komplexen Falten- und Überschieb