Mittwoch 18. Januar 2023  18:15

Präsenz- und Onlinevortrag

München Luisenstr. 37  HS C006

Prof. Dr. O. Lehnert

Das Teplá–Barrandium und seine fasziniernde geologische Geschichte im Zentrum des
Böhmischen Massivs


Das Teplá–Barrandium repräsentiert ein phantastisches Archiv, das auf sehr engem Raum
mehr als 600 Ma der komplexen erdgeschichtlichen Entwicklung dieses Teils Europas
widerspiegelt. Es liegt als Teil des Böhmischen Massivs am Ostrand der europäischen
Varisziden. Die ältesten Gesteine entstanden in höheren südlichen Breiten (ca. 50–60°S) und
Zirkonanalysen zeigen ihre westafrikanische Herkunft. Die Cadomische Gebirgsbildung
führte an diesem Rand Gondwanas im späten Neoproterozoikum zu ihrer Konsolidierung als
Basement des Teplá-Barrandiums. Auf das Ende der Akkretion um 527 Ma folgt granitischer
Plutonismus und der Übergang zu einem passiven Kontinentalrand im Kambrium. Rifting im
Kambrium und Unterordoviz führte zur Bildung von Extensionsbecken, deren sedimentäre
und vulkanische Füllungen das Cadomische Basement diskordant überlagern.
Vulkanische Komplexe zeigen fortschreitendes Rifting vom Kambrium bis in das Devon an.
Die mächtige Sedimentabfolge im Prager Becken (Tremadoc bis Givet) spiegelt die drift des
Gebiets von hohen Breiten in eine subäquatoriale Region anhand des Übergangs von
siliziklastischer Sedimentation im Kambro-Ordoviz über zunehmend Kaltwasserkarbonate im
Silur bis hin zu tropischen Riffen im Devon wieder, als die Region in ca. 10–20° südlicher
Breite lag. Die devonischen marinen Sedimente werden vom Flysch des Givet überlagert
(Siliziklastika mit Pflanzenresten), der die Erfassung des Gebietes als Teil der Kollisionszone
zwischen Laurussia und Gondwana von der Variskischen Gebirgsbildung anzeigt. Die
Krustenverkürzung im Teplá–Barrandian und seine Hebung während des Oberdevon und
Unterkarbons gehen mit der Entstehung eines großen kontinentalen magmatischen Gürtel am
südöstlichen Rand einher.
Das Eindringen post-kinematischer Plutone und Gänge um 337 Ma representiert das letzte
große Ereignis der Variskischen Orogenese in zentralen Böhmischen Massiv. Durch
Druckentlastung und Extension entstehen im Anschluß post-orogene Kollapsbecken im
Oberkarbon die kontinentale permokarbone Sedimente führen. Während der Trias und des
Jura war die Region überwiegend Abtragungsgebiet, in der Kreide überlager die Füllung der
Nordböhmische Kreidesenke die Einheiten des Prager Becken von Osten her diskordant. Das
Tertiär in der Region des Teplá–Barrandiums ist vielfach vulkanisch geprägt (z.B. Eger-
Graben), es gibt aber auch fluviatile Systeme und kleinere Becken mit Tertiärfloren.